Ursprüngliche Verwendung

Aus der Picardie, einer Region im Nordosten Frankreichs, die sich nördlich an die Ile de France anschließt, stammt der seltenste Vertreter der französischen Hütehundrassen: der Picard.
Die Picardie ist eine ebene Landschaft mit einem feuchten, maritimen Klima, häufigem Wind und Nebel an vielen Tagen des Jahres. Von jeher war hier die Schaf- und Viehzucht weit verbreitet. Zum Hüten der Herden verwendete man rauhaarige picardische Schäferhunde. Auch als Hofwächter waren sie sehr geschätzt, da sie als mutige und selbständige Arbeitshunde bekannt waren.
Es ist eine alte Weisheit, dass die Landschaft den Menschen formt, der in ihr lebt. In diesem Fall möchte man beinahe sagen, nicht nur den Menschen, sondern auch den Hund. Noch immer wird den Bewohnern dieser Region nachgesagt, dass sie allem Neuen und Fremden gegenüber ablehnend und misstrauisch sind. Diese Eigenart findet sich auch im Wesen des Picards
 
Aussehen

 

Der Picard wirkt aus den ersten Blick nicht wie ein Rassehund, sondern eher wie ein gelungener Mischling. Er ist ein mittelgroßer Hund, kräftig und gut bemuskelt. Der zerzauste Outlook, der schelmisch-spitzbübische Blick der funkelnden Augen in dem struppigen Gesicht, dazu die natürlichen Stehohren - das alles gibt ihm sein rustikales, aber trotzdem elegantes Aussehen. Am Picard ist alles naturbelassen und frei von jeder Übertreibung. Gerade in seiner Einfachheit und ungezwungenen Lässigkeit besteht seine Extravaganz. Er verkörpert mit seiner kantigen Statur den Urtyp des arbeitenden Hütehundes: kraftvoll, substanzvoll aber dennoch leicht und anmutig in der Bewegung. Sein charakteristischer ausgreifender und federnder Trab erscheint wie ein mühelos-leichtes Dahinschweben.
Die Rute reicht in der Ruhestellung bis zu den Sprunggelenken, sie darf am Ende einen leichten Haken haben.In der Bewegung wird sie höher getragen, aber nie über dem Rücken.
Das raue Halblanghaarfell soll harsch und trocken sein und zwischen den Fingern knirschen, die Felllänge am Körper beträgt idealerweise 5-6 cm. Die Augenbrauen sind gut ausgeprägt, dürfen aber nicht die Augen verschleiern. Das Deckhaar des Picards bildet keine geschlossene Schicht über dem gewellten Unterfell, es ist offen, was entscheidend zu dem etwas unordentlichen-vagabundenhaften Aussehen der Hunde beiträgt. Trotzdem bietet das Fell einen ausgezeichneten Schutz vor Nässe und Kälte. Die wasserabstoßende Unterwolle bewirkt, dass der Hund nach einem Bad oder einem Aufenthalt im Regen rasch wieder trocken wird. Das harsche Deckhaar ist zudem schmutzabstoßend. Das Fell des Picards ist recht pflegeleicht, alle 1-2 Wochen gut durchbürsten reicht normalerweise aus.
Häufig vorkommende Farben sind: gris(grau), gris-noir(grau mit schwarzem Schimmer), grisbleu(blau-grau), gris-roux(rötlich-grau), fauve,fauve-charbonne oder Mischungen aus diesen.


Wesen und Besonderheiten

 

Die Picards gerhören zu den französischen Hütehundrassen und sind daher sehr selbständige und energische Hunde, die dazu neigen, Eigeninitiative zu ergreifen. Deshalb sollte man sich eingehend informieren, auf was man sich einlässt und ob diese Hunderasse wirklich zu einem passt, bevor man sich einen Picard als Gefährten anschafft.
Die ihnen häufig nachgesagte Dickköpfigkeit ist eine typische Eigenschaft aller Arbeitshunde, die von den sog. Herdenhunden abstammen und die Jahrhunderte lang beim Treiben, Hüten und Bewachen ihrer Herden in vielen Situationen selbständig, ohne den Befehl ihres Herrn, agieren mussten.
Dises Selbständigkeit verlangt besonders in den ersten 1-2 Lebensjahren viel Konsequenz, Geduld, Beharrlichkeit und Einfühlungsvermögen. Dabei darf man nie vergessen, dass der Picard bei aller körperlichen Härte eine große Portion an Sensibilität besitzt. Deshalb darf die Erziehung nie mit Gewalt und Härte erfolgen, sondern immer mit Konsequenz, Verständnis und Einfühlungsvermögen. Es gilt hier das Bild von der "rauen Schale mit weichem Kern".

Ein weiterer typischer Wesenszug des Picards ist seine Zurückhaltung und Reserviertheit sowohl gegenüber Fremden wie auch gegenüber unbekannten Situationen. Man sollte diese Zurückhaltung nicht mit Angst verwechseln. Auch sie ist ein Erbe der alten Herdenhundrassen. Ein typischer Picard vertraut einzig seinem Herrn, seiner Familie und den Freunden des Hauses, die er kennt bzw. die regelmäßig ein- und ausgehen. Das bedeutet nicht, dass der Picard sich allen Fremden gegenüber aggressiv verhält, sondern meist verhält er sich nur ablehenend und neutral. Diese Eigenschaften machen den Picard auch zu einem vorzüglichen Wachhund, der nicht scharf oder bissig ist, da er Fremde in der Regel durch dumpfes Knurren auf Abstand hält.

Bei der Erziehung des Welpen und Junghundes muss besonders darauf geachtet werden, diesen allen möglichen Situationen auszusetzten, den Geräuschen des Straßenverkehrs ebenso wie dem Fahren in Bus und Bahn, dem Gedränge einens Marktplatzes, dem Kontakt mit Menschen jeder Altersstufe usw. Wohin auch immer man den Picard mitnimmt, sollte darauf geachtet werden, dass er letztlich immer gute Erfahrungen macht und so lernt, dass ihm dort nichts Schlechtes widerfährt. Ein so geprägter Picard wird später kaum Schwierigkeiten bereiten.

Seiner "Familie" ist der Picard treu ergeben, ohne dabei aufdringlich zu sein. Er hält stets Kontakt und ist auf angenehme Art immer in der Nähe. Im Haus und solange nichts los ist, verhält er sich ruhig. An allen Aktivitäten nimmt er jedoch rege teil und ist bereit, sobald "Aktion" angesagt ist. Bemerkenswert ist seine große Kinderfreudelichkeit. Eben noch lässt er sich geduldig kraulen, gleich darauf ist er ein begeisterter Partner bei wilden Spielen. Dabei zeigt er sich nie aggressiv. Er ist problemlos in der Wohnung zu halten. Tägliche Spaziergänge sind allerdings unerlässlich, der Aufenthalt im Garten reicht dem Picard im allgemeinen nicht, da er dazu neigt, sich in der Nähe seiner Menschen aufzuhalten. Es sei an dieser Stelle noch einmal darauf hingewiesen, dass der Picard auf keinen Fall von seiner Familie isoliert (z.B. im Zwinger) gehalten werden darf. Für die Entfaltung seiner Persönlichkeit benötigt der Picard den engen, intensiven Kontakt zu seiner Familie. Das heißt nun nicht, dass es unmöglich ist, ihn einige Zeit allein in der Wohnung, dem Auto oder ähnlichem zu lassen. Bei richtiger Erziehung und gezieltem Training bleibt der Picard auch über längeren Zeitraum problemlos allein. Auch das Zusammenleben mit anderen Haustieren ist nach einer Eingewöhnungsphase in der Regel gut möglich.

Der Picard ist ein Hund für die "Liebe auf den zweiten Blick". Er verlangt seinen Menschen einiges ab, gibt aber alles dafür. Mit dem richtigen Gefühl für diese Rasse ist er ein Gefährte von großer Liebenswürdigkeit. Er ist ein Freund fürs Leben, der für die, die er liebt, alles gibt.

 

Heutige Verwendung

 

Der Picard eignet sich gut für alle möglichen Bereiche des Hundesports und anderen Sparten der Hundeausbildung, da er eine große Lernfähigkeit besitzt und das einmal Gelernte auf lange Zeit nicht vergisst.
Picards werden als Schutzhunde, Fährtenhunde, Rettungs- und Lawinenhunde ausgebildet und geführt. Mit gutem Erfolgen findet man sie auch in den verschiedenen Bereichen des Hundesports, seien es Agility-Wettbewerbe oder im Tunierhundesport. Weiterhin sind sie fröhliche und eifrige Begleiter beim Radfahren oder Joggen.



(vergleiche: Partner Hund 1/95)